Sonntag, 6. Februar 2011, 15:30 Uhr
Konzert am Nachmittag
Kapelle des LKH Villach
Sonntag, 27. Februar 2011, 17 Uhr
Theatercafe Direkt
Theatercafe, Theatergasse 9, Klagenfurt
Helmut Stiegler: | Violine |
Michael Kasalicky: | Viola |
Gerda Anderluh: | Violoncello |
Die Eckpfeiler dieses Programms bilden zwei Raritäten aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, welche unter sehr unterschiedlichen Lebensumständen zustande gekommen sind:
Einerseits war da der französische Marineoffizier Jean Cras, der sein Streichtrio auf hoher See komponierte, andererseits der KZ-Häftling Gideon Klein, der sein Streichtrio kurz vor der Verlegung nach Auschwitz fertig stellte. Beiden gemein ist, dass für sie das Komponieren ein Ausgleich war, bei dem sie Trost suchten, und dass sie dabei solch eine Intensität entwickelten, dass ganz außergewöhnliche Werke entstanden sind.
Im Mittelteil des Programms folgt nach einem kurzen Intermezzo von Zoltan Kodaly mit Anklängen ungarischer Volksweisen eine Uraufführung der Komposition „Totentanz“ des Villacher Komponisten Stefan Kühne, welches dem Programm auch den Titel gegeben hat.
Obwohl sein musikalisches Talent früh Aufsehen erregte, kam für die Eltern von Jean Cras nur eine Offizierslaufbahn bei der französischen Marine in Frage. Anders als Rimsky Korsakow oder Albert Roussel blieb Cras jedoch bei diesem Beruf und beschränkte sein musikalisches Schaffen auf seine Freizeit. Doch abgesehen vom Zeitmangel hatten die vielen Reisen und Eindrücke auch einen positiven Effekt auf sein künstlerisches Schaffen: In ihm reflektieren sich eine Vielzahl von exotischen Farben und Klängen aus unterschiedlichen Weltgegenden, wie sie sonst kaum in einem Werk der Kammermusik zu finden sind.
Vor allem der außergewöhnliche zweite Satz bildet eine Folge von Episoden mit unterschiedlichen exotischen Klängen, wobei sich manche Stimmen unabhängig von einander zu überlagern scheinen. Beginnt er noch mit einem meditativen Choral, der schon ein wenig den „Tintinnabuli“-Stil von Arvo Pärt vorwegnimmt, setzt er mit einem Tanzrhythmus in den tieferen Instrumenten fort, der scheinbar zufällig auf ein einsames, osteuropäisch angehauchtes Klagelied in einem exotischen Tonsystem trifft. Es folgt darauf ein wildes solistisches Zwischenspiel mit arabischen Anklängen um letztlich wieder ein einem bitonalen Nebeneinander von tänzerischer Begleitung und einer schrägen Melodie zu enden, die gleichermaßen an einen fernöstlichen Schlangenbeschwörer und einen irischen Dudelsack erinnert.
Zoltan Kodály, der gemeinsam mit Bela Bartok die ungarische Musikszene zu Beginn des vorigen Jahrhunderts prägte, wurde neben seinem kompositorischen Schaffen und seinem musikpädagogischen Wirken auch durch die wissenschaftliche Erforschung der ungarischen Volksmusik bekannt.
Sein Intermezzo für Streichtrio, eine Art Serenade, datiert aus dem Jahr 1905, als er mit seinen ausgedehnten Reisen zur Sammlung des ungarischen Liedguts begann. Darin finden sich vielfältige Anklänge an ungarische Volksweisen, jedoch abseits des Klischees der Zigeunermusik, welches damals sehr populär war.
Stephan Kühne: ‚Das Stück ist 2009 entstanden. Ich hatte den Auftrag, für ein Theaterstück „Totentanz“ von Alfred Meschnigg die Musik zu schreiben. Die Instrumentation war zunächst für Streichtrio geplant, hat sich aber in der Projektentwicklung auf Flöte und Harfe geändert. Ich hatte aber für die ursprünglich geplante Besetzung schon einiges skizziert, so dass ich dann das vorhandene Material für eine eigenständige Komposition genutzt habe. Entstanden sind musikalische Reflexionen über das Leben von dessen Ende her.‘
Der Totentanz als Darstellung der Gewalt des Todes über das Leben des Menschen hat lange Tradition. Seit dem 14. Jahrhundert findet man diese in bildlichen Darstellungen vor allen Dingen in Kirchen und Kapellen. Tradition hat auch die die Verarbeitung dieses Themas in dramatischer Dichtung. Tatsächlich existiert heute sogar eine europäische Totentanz Vereinigung, die sogar Kongresse zum Thema veranstaltet.
Das Streichtrio ist das letzte Werk des ungewöhnlich talentierten tschechischen Komponisten Gideon Klein. Er komponierte es im Alter von 25 Jahren im Konzentrationslager Theresienstadt, wo er bereits drei Jahre lang versucht hatte, auch unter den widrigen Bedingungen noch ein Kulturleben aufrechtzuerhalten. Anfangs verboten, wurden die Kulturaktivitäten später sogar kurz von der NS Propagandamaschinerie zur Verharmlosung der Konzentrationslager missbraucht, um danach endgültig zerschlagen zu werden.
Im Oktober 1944, neun Tage nach Beendigung dieses Streichtrios, wurde Klein in das KZ Auschwitz und von dort in das Außenlager Fürstengrube deportiert, wo er kurz vor der Befreiung ermordet wurde.
Die handschriftliche und teilweise noch nicht fertig ausgearbeitete Partitur des Trios hatte er vor der Deportation nach Auschwitz noch seiner Freundin Irma Semecká anvertraut, die sie nach Beendigung des Krieges seiner Schwester Eliška Kleinová übergab.