Sonntag, 3. Juli 2011, 15:30 Uhr
Konzert am Nachmittag
Kapelle des LKH Villach
Gerda Anderluh: | Violoncello |
Christoph Hofer: | Akkordeon |
Helmut Stiegler: | Violine |
Beide Klaviertrios von Dimitrij Schostakowitsch entstanden als eine Art "kammermusikalisches Requiem" jeweils nach dem Tod seines Vaters bzw. seines engen Freundes Iwan Iwanowitsch Sollertinskij und drücken seine Trauer und seinen Schmerz in einer tief bewegenden Klangsprache aus.
in einem Satz
Das erste Klaviertrio komponierte Dimitrij Schostakowitsch im Herbst 1923 im Alter von 17 Jahren kurz nach dem Tod seines Vaters. Er war damals Student am Petrograder Konservatorium und hielt sich als Pianist für Stummfilme über Wasser.
Davon dürfte er auch bei seiner Komposition inspiriert gewesen sein: Es ist einsätzig und doch in 12 Abschnitte unterteilt, in welchen verschiedenste Tempi, Tonarten und Stimmungen einander wie Szenen eines Filmes abwechseln. Zusammengehalten werden sie durch thematische Verschränkungen.
Insgesamt bedient sich Schostakowitsch in diesem Jugendwerk zwar noch einer hochromantischen Tonsprache, lässt in den chromatischen Passagen und der frech modulierenden Melodik jedoch schon Ansätze des charakteristischen freitonalen Stils seiner nächsten Schaffensperiode erkennen.
dem Andenken von Iwan Iwanowitsch Sollertinskij
„Das Unglück, das mich traf, als ich vom Tode Iwan Iwanowitschs erfuhr, kann ich nicht in Worte fassen. Er war mein nächster und teuerster Freund. Meine ganze Entwicklung verdanke ich ihm. Ohne ihn zu leben wird mir unerträglich schwerfallen..."
Diese Worte Schostakowitschs in einem Brief an Iwan Sollertinskijs Frau lassen erahnen, wie sehr ihn der überraschende Tod seines einundvierzigjährigen Freundes getroffen hat. Als er den Brief absendet, hat er bereits den ersten Satz des Klaviertrios beendet, mit dem er seiner Trauer und Verzweiflung auf seine sehr persönliche Art Ausdruck verleiht.
Der zweite Satz unterbricht die tragische Grundstimmung des Werkes jäh mit einem heftigen und bravourösen Ausbruch voll Energie und Ironie. „Dieser Satz ist ein verblüffend genaues Portrait Iwans, den Schostakowitsch so gut verstand wie sonst keiner. Das ist sein Übermut, seine Polemik, sein Tonfall, seine Art, immer wieder auf ein und denselben Gedanken zurückzukommen und ihn weiter zu entwickeln... Wenn ich diesen Satz des Trios höre, steht mein Bruder leibhaftig vor mir..." soll Sollertinskijs Schwester über ihn gesagt haben.
Im dritten Satz kehrt die tragische Stimmung zurück, jedoch ist die Verzweiflung des ersten Satzes einer nach innen gekehrten, tiefen Trauer gewichen. Im Schlusssatz verallgemeinert Schostakowitsch die persönliche Trauer um seinen Freund und bezieht mit dem Thema eines jüdischen Volksliedes wohl auch schon sein Entsetzen über die Ermordung der Juden durch Hitler und Stalin mit in das Werk ein, die zu dieser Zeit gerade bekannt werden.
„Ich glaube zu verstehen wodurch sich das jüdische Melos unterscheidet. Die lustige Melodie ist hier auf traurigen Intonationen aufgebart. Das Volk ist wie ein Mensch - warum singt es ein fröhliches Lied? Weil das Herz traurig ist.“ Dieser Ausspruch Schostakowitschs beschreibt wohl am besten die Mischung von sardonischer Heiterkeit und tiefer Traurigkeit, Ironie und Zerissenheit, die auch diesen letzten Satz prägt.